Fitness im Wasser – wie es dazu kam und weshalb es nicht ein Sport für Ältere ist

AquaFitness ist gleich: Eine Gruppe von zumeist pensionierten Sportenthusiasten, die sich rhythmisch zu Musik in einem Schwimmbecken mit brusttief eingelassenem Wasser bewegen. So zumindest das weit verbreitete Klischee. AquaFitness, das als Wassergymnastik in den 1950er Jahren startete, ist jedoch nicht nur für Alt, sondern auch für Jung bestens geeignet, um sportliche Ziele zu erreichen. Nicht nur HIIT-Workouts oder andere Ganzkörpertrainings-Arten formen den Körper und die Muskeln – das kann auch AquaFitness.

AquaFitness ist nämlich ein vollumfängliches Ganzkörpertraining, bei dem die Teilnehmenden in Gruppen, im Wasser gezielte Übungen ausführen, welche die Eigenschaften des Wassers mit einbeziehen. Anders als bei herkömmlichem Krafttraining wird nicht nur gegen die Schwerkraft, sondern auch gegen den Wasserwiderstand, die Bewegungen ausgeführt. Damit werden die Gelenke geschont und Bewegungen, die an Land nur schwer oder gar nicht gemacht werden können, sind schmerzfrei ausführbar. Wassersport ist aber eine neuzeitliche Entwicklung, mit Anfängen in religiösen Praktiken, Badehäusern und Naturheilkunde.

Historische Entwicklung

Die Reinigung des Körpers durch Wasser wird in verschiedenen Religionen – der spirituellen Reinigung gegenübergestellt. So wird laut der katholischen Kirche das Kind, mit der katholischen Taufe, von der Erbsünde reingewaschen (Catholic Church, 2000, ii.ii.i.i) und im Islam ist das Waschen der Hände, Füsse und Gesicht vorm Gebet eine Waschung zur rituellen und spirituellen Reinheit. Durch dieses religiöse Bedürfnis nach Waschungen etablierten sich Hammams in der Islamischen Welt, in denen Religion, Hygiene und Wellness zueinander fanden (Sourdel-Thomine, 1986, S.139-144). Besonders im antiken Rom verbreiteten sich Badehäuser und wurden zu Orten des Austauschs zwischen sozialen Klassen. Neben Kälte- und Wärmeräumen waren Aromabäder fester Bestandteil eines jeden Badehauses und bildeten die Grundlage für Hydrotherapie, eine Deutsche Therapieform, bei der Wassertemperatur und Kräuterzusätze für die Durchblutung von spezifischen Körperregionen eingesetzt wurden (Schalle, 1948, S. 21-55). Die Hydrotherapie wirkte zudem prägend zum Fundament der Physiotherapie bei. Die Behandlung von chronischen Schmerzen und Blessuren wurde unter Wasser durchgeführt und so konnten die entsprechenden Körperregionen entlastet und Bewegungsmechaniken ausgeführt werden. Dieses Prinzip findet auch in der modernen Physiotherapie seine Anwendung, wenn zum Beispiel Spitzensportler*innen sich in der Rehabilitation dem Aufbau von Muskeln widmen, die durch eine Verletzung rückgebaut wurden.

Eine Mischung aus Religion, Wellness und Physiotherapie bewegte uns also dazu, das Wasser als Sportumgebung zu begreifen. Mit dem Godfather of Fitness, Jack LaLanne, eroberte die Fitnesswelt in den 1950ern das Wasser. Seine Hydronastics Water Excercises übersetzten bekannte Aerobic-Übungen, die Zuschauer und Zuschauerinnen bereits Zuhause gemacht hatten, ins Becken und begeisterte eine breite Masse.

Diese Begeisterung für AquaAerobic zog sich bis in den berühmt-berüchtigten Fitnesswahn der 80er. Beinwärmer, Jazzercise und Einteiler sowie AquaAerobic fanden ihren Platz im ikonischen Zeitalter, das uns auch Arnold Schwarzenegger geschenkt hat.

AquaFitness, nur ein Sport für Ältere?

Wie Caroline Urscheler, Assistant Manager Fitnesspark Milandia, aber erklärt, ist Aqua Gymnastik nicht mit AquaFitness gleichzusetzen, nur weil sie im Wasser stattfinden. Die direkte Übersetzung von Aerobic an Land ins Wasser, berücksichtige nicht die einzigartigen Voraussetzungen von Wasser. Der Wasserwiderstand, der Auftrieb des eigenen Körpers, der Wasserdruck auf den Körper sind alles Faktoren, die von modernem AquaFitness wenig bis gar nicht berücksichtigt wurden. So wurde auf Equipment wie Hanteln und Gewichte grundlegend verzichtet, da diese im Wasser zu leicht sind, während spezielle Wasserhanteln im AquaFitness zum Zug kommen. Sie sind eigens designte Hanteln, die auf die Wasserverdrängung optimiert sind, um den Wasserwiderstand auszunutzen.

Obwohl der Altersdurchschnitt in den AquaFitness-Kursen des Fitnessparks Milandia eher hoch ist, ist AquaFitness ein Ergänzungstraining, das sich hervorragend auch für Leistungssportler*innen und junge Trainierende eignet. Der gesteigerte Energieverbrauch, angeregte Stoffwechsel so wie die verbesserte Sauerstoffaufnahme durch AquaFitness sind nicht altersgebunden und sprechen eine breites Spektrum an Trainierenden an. Vom viel angepriesenen Aspekt von gelenkschonendem Training profitieren nicht nur Personen mit chronischen Schmerzen, sondern auch gesunde Trainierende, denn die verlangsamten Bewegungen im Wasser helfen bei der Ausführung, führen zu mehr Achtsamkeit und fördern eine bessere Mind-Body-Connection. Muskeln lassen sich bewusster und effizienter trainieren, wenn wir achtsam Übungen ausführen und dabei spüren, bei welchen Bewegungen spezifische Muskeln arbeiten.

Wasserwiderstand als Muskeltrainer

Generell sind die Vorteile des AquaFitness den physikalischen Gegebenheiten des Wassers zu verdanken. Der durchschnittliche Energieverbrauch wird durch die Wassertemperatur angekurbelt und der Stoffwechsel angeregt. Der Körper muss Energie verwenden, um die Körpertemperatur zu halten, während das Wasser Wärme entzieht. Wasserdruck ist ein oft unterschätztes physikalisches Element von Wassersport. Zwei der wichtigsten Wirkungsfelder sind die Atmung und der Herz-Kreislauf. Wasser übt einen konstanten Druck auf den Körper aus, der sich unter anderem auf den Brustkorb auswirkt. Dadurch wird das Einatmen erschwert, denn der Brustkorb und die Bauchdecke müssen bei der Ausdehnung Wasser verdrängen. Das Zwerchfell und die Rippenmuskulatur passen sich an die grössere Last und den Mehraufwand an und führen zu verbesserter Sauerstoffzufuhr. Hierbei sei jedoch angemerkt, dass Wasserdruck auch die Ausatmung unterstützt und so eine Kehrwirkung für die Ausatmungsmuskulatur zur Folge hat.

Zeitgleich führt dieser Druck zur vorübergehenden Verengung der Venen. Dadurch erhöht sich der Blutdruck und die Herzfrequenz sinkt, da die Herzmuskeldehnung sich erhöht und das Herz, um die gleiche Menge Blut zu transportieren, weniger schlagen muss. Damit eignet sich Sport treiben im Wasser auch für Ausdauersportler*innen, solange AquaFitness als Ergänzung zum bestehenden Kraft- und Ausdauertraining an Land benutzt wird.

Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass AquaFitness kein Training an Land ersetzen kann. Unser ganzes Leben findet unter Schwerkraft und Luftdruck statt und unsere Physiologie ist auf diese ausgelegt. Gebrechen und chronische Leiden werden im Wasser zwar gelindert, ein vollumfängliches Training ersetzt AquaFitness aber nicht, da Knochen, Muskeln und Gelenke sich an Reize ausserhalb des Wassers gewöhnen müssen.

Nichtsdestotrotz bietet AquaFitness die Möglichkeit für Menschen Spot zu treiben, für die es schmerzfrei nicht möglich ist. AquaFitness wird in einigen Fitnessparkanlagen angeboten. Eine Sportart mit therapeutischem und erholungsbasiertem Hintergrund eroberte von den Vereinigten Staaten aus, die Welt und ist fester Bestandteil des Fitnesswahn-Phänomens der 80er. Das gezielte Ganzkörpertraining im Wasser nutzt Auftriebskraft, Wasserwiderstand und -druck, um den Teilnehmenden ein intensives und vollumfängliches Workout für alle Altersstufen zu garantieren.

Quellenangaben:

– Catholic Church. 2000. Catechism of the Catholic Church (2. Edition).
– Schalle, Albert. 1948. Die Kneippkur: die Kur der Erfolge (11. Edition). Franzt Ehrenwirt Verlag, München.
– Sourdel-Thomine, Janine. 1986. Hammam. In: The Encyclopaedia of Islam (2. Edition). Brill, Leiden.

©swiss active – Auf Kopieren oder anderweitiges Vervielfältigen wird mit rechtlichen Schritten reagiert.

Autor

Name: Caroline Urscheler

Beruf: Assistant Manager Fitnesspark Milandia

Website: activfitness.ch

Fitness im Wasser – wie es dazu kam und weshalb es nicht ein Sport für Ältere ist
movemi

Die movemi AG ist der grösste Fitnessanbieter in der Schweiz. Das Unternehmen mit Sitz in Zürich Oerlikon vereint seit 2022 die Marken ACTIV FITNESS und Fitnesspark unter einem Dach. Über 4300 Mitarbeitende arbeiten in schweizweit insgesamt 132 Anlagen und repräsentieren das dichteste Studionetz der Schweiz. Aktuell trainieren in den beiden Formaten insgesamt rund 200’000 Mitglieder an 365 Tagen im Jahr.