Reto Conrad – im Gespräch mit der FITNESS TRIBUNE

Am 30. November 2022 wurde Reto Conrad zum neuen swiss active Präsidenten gewählt. Auch wenn er wohl einigen in der Branche noch nicht bekannt sein wird, ist er eine Führungspersönlichkeit mit jahrzehntelanger Erfahrung. Der «CFO of the year 2011» machte bereits vor einigen Jahren als Verwaltungsratspräsident der update Fitness AG erste Schritte in der Fitnessbranche. Nun kehrt er zurück und stellt sich der neuen Herausforderung als Präsident von swiss active. Wir wollten mehr über den neuen Mann an der Verbandsspitze erfahren und haben ihn zum Interview geladen.

FITNESS TRIBUNE: Reto, stell dich doch gern kurz selbst vor.

Reto Conrad: Ich war 21 Jahre in Konzern- und Geschäftsleitungen drei internationaler und nationaler Unternehmensgruppen gewesen, davon war ich 15 Jahre als CFO tätig und sechs Jahre in Verantwortung für operative Einheiten. Nach zehn Jahren als Mitglied der Geschäftsleitung bei Coop, davon die letzten sechs Jahre als Leiter Direktion Informatik/Produktion/Services – ein kunterbuntes Gemisch aus IT, Produktionsbetrieben, Hotels, Kundendienst, und Unternehmensentwicklung – bin ich diesen Sommer im Rahmen einer Reorganisation bei Coop ausgeschieden und nun selbstständig tätig. Ich bin verheiratet, Vater eines 27-jährigen Sohnes und habe grundsätzlich sehr breit gefächerte Interessen. Der Mensch steht bei mir immer im Mittelpunkt und die Zusammenarbeit im Team ist mir äusserst wichtig. Als meine Hobbys pflege ich das Reisen, Sport, Freunde, Familie und Lesen.

FT: In deiner neuen Funktion als Präsident von swiss active machst du nun weitere Schritte in der Fitness- und Gesundheitsbranche. Was verbindet dich mit dieser Zukunftsbranche?
RC: Ich bin ja nicht ganz neu in der Branche. Ich war in den letzten sechs Jahren unter anderem auch Präsident des Verwaltungsrates von update Fitness und bin von diesem Mandat mit meinem Rücktritt bei Coop auch zurückgetreten. Die Fitnessbranche leistet einen sehr wichtigen Beitrag zum Thema Volksgesundheit und die Fitnesscenter stellen ein zentrales Element in diesem Bereich dar. Deshalb bin ich überzeugt, dass die Fitnessbranche auch in Zukunft eine sehr gute Entwicklung vor sich hat.

FT: Was waren deine Beweggründe, dich für die Tätigkeit als Verbandspräsident in unserer Branche zu entscheiden?
RC: Als Präsident des Verwaltungsrates von Update Fitness habe ich viele tolle Menschen in der Branche kennengelernt, die mit viel Engagement, Herzblut und Begeisterung wirken, und ich habe die Freude der Gäste in den Fitnesscentern erlebt. Dies hat mich wirklich, wirklich fasziniert. Ich habe mich in dieser Zeit intensiv mit den Chancen und Herausforderungen der Branche auseinandergesetzt und diese so natürlich vertiefend kennengelernt.
Die Fitnessbranche nimmt für die Gesundheitsprävention eine zentrale Rolle ein. Über eine Million Schweizerinnen und Schweizer sind Mitglied bei einem Anbieter und das sind fast zwölf Prozent der Wohnbevölkerung. Dies zeigt, wie wichtig die Fitnessbranche für den Gesundheitsbereich im Allgemeinen und für den Sportbereich im Speziellen ist. Gleichzeitig heisst dies aber auch, dass 88 Prozent nicht Mitglied in einem Fitnesscenter sind, also dass das Potenzial noch riesig ist. Es wird noch viel Überzeugungsarbeit brauchen, um hier noch mehr Fans für die Fitnessbranche zu gewinnen. Das Ziel sollte sein, dass das Training so selbstverständlich wird wie das Zähneputzen. Und dazu möchte ich einen Beitrag leisten.

FT: Wie schätzt du die Bedeutung der Verbandsarbeit ein? Warum können Verbände tatsächlich mehr bewegen als einzelne Unternehmen?
RC: Es braucht einen schlagkräftigen und glaubwürdigen Verband, welcher die Interessen der Branche gegenüber Behörden, Politik, Medien, anderen Verbänden, Krankenversicherungen und der Öffentlichkeit im Allgemeinen wahrnimmt und an der Schaffung von attraktiven Rahmenbedingungen mitarbeitet. Dies kann ein einzelner Betrieb allein nicht tun. Gerade die Corona-Zeit hat gezeigt, dass ein glaubwürdiger und zuverlässiger Verband, der sich konsequent und eben auch pragmatisch für die Interessen der Mitglieder einsetzt, viel bewegen kann. So haben sich der Vorstand und insbesondere auch der ehemalige Geschäftsführer Roger Erni (Anm. d. Red.: Roger Erni ist mit den Wahlen am 30.11.2022 aus der Geschäftsführung und dem Vorstand ausgeschieden; der Vorstand wurde ebenfalls neu gewählt) intensiv mit den Behörden ausgetauscht, um realistische Lösungen für die gesamte Branche zu erreichen. Die Informationen aus erster Hand wurden schnell mit den Mitgliedern geteilt, sodass diese sich rechtzeitig auf Neuerungen vorbereiten konnten. Ich glaube, das war wirklich eine wichtige Zeit, um aufzuzeigen, dass man als Branche zusammen stärker ist, als wenn jeder allein kämpft.

FT: Welche Ziele verfolgst du persönlich mit deiner neuen Funktion, wo siehst du den Schwerpunkt deiner Verbandsarbeit? Was möchtest du für die Schweizer Fitnessbranche und den Verband swiss active erreichen?
RC: Ich wurde eben erst gewählt und zuerst geht es darum, bei vielen Mitgliedern hinzuhören und noch besser zu verstehen, was die Erwartungen an den Verband sind. Insgesamt bin ich überzeugt, dass der Verband auf guten und stabilen Beinen steht und an den richtigen Themen arbeitet. So kann
hier auf der heutigen super Basis weiter aufgebaut werden. An Themen, die es weiterzuentwickeln gibt, mangelt es sicherlich nicht. Wir müssen sicherstellen, dass die Ausbildung unserer Mitarbeitenden unseren Ansprüchen entsprechend ausgerichtet ist und auch die Anerkennung erhält, die sie verdient. Die Mitarbeitenden sind ein entscheidender Faktor für begeisterte Gäste, die gern wiederkommen. Auch im Qualitätsbereich gilt es sicherzustellen, dass das Label Qualitop auch die zukünftigen Anforderungen erfüllt und einerseits pragmatisch, andererseits aber doch mit ansprechend hohem Qualitätsniveau umgesetzt werden kann. Auch mit den Krankenkassen gilt es, die Kontakte weiter zu pflegen, die Krankenkassenanerkennung
auch zukünftig sicherzustellen und mögliche Erweiterungen der Zusammenarbeit auch mit weiteren Playern auszuloten.

«swiss active ist für alle Mitglieder da! Sowohl kleine als auch grosse; unternehmergeführte Fitnessbetriebe genauso wie Fitnessketten sollen sich im Verband vertreten fühlen.» Reto Conrad

FT: Inwiefern spielen die «Eckdaten der Schweizer Fitness-Wirtschaft» in der Erreichung dieser Ziele – aber auch der Branchenziele generell – eine entscheidende Rolle?
RC: Wir sind stolz, dass wir zusammen mit der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG) erstmals eine Studie durchführen konnten, welche die gesamte Branche und alle Anbieter repräsentiert und Kennzahlen zu der ganzen Branche zeigt. Wir sind jetzt dabei, die Studie 2023 aufzugleisen und ich bin überzeugt, dass wir mit der Zeitreihe weitere spannende Erkenntnisse gewinnen werden.

FT: Und wo siehst du die Potenziale der Branche, auch im Hinblick auf das, was die Eckdaten uns verraten?
RC: Grundsätzlich ist es richtig erfreulich, wie die Menschen nach der Pandemie wieder in die Center zurückkehren und trainieren wollen. Die Pandemie selbst war ja wirklich eine harte Zeit für die Anbieter in der Branche. Wir haben aber auch gesehen, dass gerade ältere Mitgliedergruppen mit Ängsten
kämpfen und ihren Vertrag nicht verlängert oder sogar gekündigt haben. Diese dürften weitere Unterstützung der Fitnessbetreiber benötigen, um diese Ängste abzubauen und den Wiedereinstieg zu schaffen. Wie ich aus der Branche höre, bewähren sich diese Anstrengungen bereits, indem sich tatsächlich ältere Mitglieder wieder wohler und sicherer fühlen und auch vermehrt zurückkommen.

FT: Wen oder welche Branchenmitglieder möchtest du als swiss active Präsident in deiner Arbeit repräsentieren?
RC: Was mir äusserst wichtig ist: swiss active ist für alle Branchenmitglieder da! Ich hatte in meiner beruflichen Laufbahn immer mit Unternehmenseinheiten unterschiedlicher Grössenordnung zu tun. Auch kleinere Einheiten müssen sich in einem Verbund frei und unternehmerisch entwickeln können. Genau dies ist mir auch wichtig für swiss active: Kleine und Grosse, unternehmergeführte Fitnessbetriebe genauso wie
Fitnessketten sollen sich im Verband vertreten fühlen, sollen spüren, dass der Verband für alle gleichsam da ist und sich für alle Mitglieder bei den relevanten Playern, also Behörden, Politik, Medien, anderen Verbänden, Krankenversicherern und der Öffentlichkeit für die zentralen Themen einsetzt. Ich bin überzeugt, dass die IG Fitness Schweiz respektive swiss active in den letzten Jahren, insbesondere auch während der Corona-Zeit, bewiesen hat, dass sie für alle da ist. Der Vorstand und der ehemalige Geschäftsführer Roger Erni haben tolle und engagierte Arbeit geleistet, auf der ich aufbauen möchte.

FT: Wie möchtest du die politische und gesellschaftliche Anerkennung der Branche steigern?
RC: Dank der Eckdatenstudie haben wir nun erstmals Zahlen und Fakten zu unserer Branche, welche wirklich eindrücklich sind. Diese gilt es nun noch stärker nach aussen zu kommunizieren. Insbesondere geht es aber darum, dass wir eine konstruktive, zuverlässige und engagierte Mitarbeit in den
Branchen und Gremien sowie eine verlässliche Zusammenarbeit mit den Behörden möchten und damit eben auch ein verlässlicher Partner sein wollen.

FT: Du bist selbst begeisterter Sportler. Wie hältst du dich persönlich fit?
RC: Ich bin eigentlich begeisterter Läufer, leider im Moment aber etwas lädiert. Daneben versuche ich, die Bewegung überall im Alltag einzubauen und bewege mich so viel wie möglich. Und schliesslich besuche ich regelmässig ein Fitnesscenter, um Kräftigung und Koordination gegenüber der Ausdauer nicht zu vernachlässigen.

FT: Ganz herzlichen Dank, lieber Reto, und viel Erfolg!