Die Rolle der Lernumgebung, deren Einflussfaktoren und Digitalisierung

Die betriebliche Aus- und Weiterbildung stellt auch in der Fitnessbranche einen wesentlichen Aspekt der Mitarbeiterentwicklung dar. Mehr und mehr werden Schulungen vor Ort in digitale Umgebungen verlegt. In diesem Blog wird ein Blick auf die Lernumgebung als solche, deren Einflussfaktoren und insbesondere der Digitalisierung der Lernumgebung geworfen werden.

Definition Lernumgebung

Eine Lernumgebung besteht nach Reinmann & Mandel (2006) aus einem Arrangement von Methoden, Techniken, Lernmaterialien und Medien. Die Lernumgebung wird häufig auch als «Lernraum» bezeichnet. Dieser stellt, neben konstitutiven Elementen wie Zielen, Zeitraum, Gruppenstruktur usw., ein wichtiges Element in Lehr-Lernarragements dar.

Eine authentische und gut strukturierte Lernumgebung ist eine wichtige Grundlage für deren Akzeptanz bei den Lernenden. Die Möglichkeit der Selbststeuerung des Lernenden erwies sich bei der Gestaltung von E-Learning-Massnahmen als ein zentrales Merkmal um die Einstellungsakzeptanz zu sichern (Bürg et al. 2005).

Rolle der Kursleitung in der Lernumgebung

Der Grad der Selbststeuerung bzw. Freiheit wird unter anderem durch die Rolle der Kursleitung in einem Lernraum mitbestimmt. Die Kursleitung kann verschiedene Rollen einnehmen, welche direkte Auswirkungen auf den Aufbau des Lernsettings haben. In der Rolle des Wissensvermittlers werden häufig kursleiterzentrierte Methoden eingesetzt. Als Trainer folgt häufig eine Demonstration und anschliessend eine Kontrolle sowie Unterstützung der Teilnehmenden beim Üben. In der Rolle des Moderators werden die Beiträge der Teilnehmenden vom Kursleiter animiert, strukturiert und geordnet. Als Arrangeur dient die Kursleitung als Gestalter von Situationen, in denen die Teilnehmenden selbst lernen können (Kaiser 2007).

Da digitalen Lernumgebungen stark durch ihre technische Infrastruktur geprägt sind, befinden sich Kursleitende häufig in der Rolle des Arrangeurs und nehmen dabei eingeschränkte Betreuungsmöglichkeiten in Kauf.

Medieneinsatz in der Lernumgebung

Neben strukturellen Aspekten hat der Medieneinsatz ebenfalls Einfluss auf die Akzeptanz der Lernumgebung (Bürg 2005). Vielfältige Mediennutzung darf dabei aber nicht zum Selbstzweck werden, denn erst durch gezielten Einsatz wird aus einem «Medium» ein «Bildungsmedium». Die didaktische Qualität eines Mediums lässt sich nicht an den Merkmalen des Mediums selbst feststellen, sondern nur in dem kommunikativen Zusammenhang, in dem das Medium Verwendung findet (Kerres 2001).

Korrekt eingesetzt können digitale Medien dazu beitragen, die individuellen Voraussetzungen und Bedürfnisse der Lernenden besser zu berücksichtigen. Bei einer Differenzierung durch die Lehrperson wird versucht für Gruppen mit ähnlichen Voraussetzungen passende Lerninhalte, Lernaktivitäten und Formen der Unterstützung anzubieten. Solche Ansätze lassen sich gut mithilfe von Learning Management Systems (LMS) unterstützen, wobei die Lehrperson primär eine Administratorenrolle ausübt.

Bei einer Individualisierung durch die Lehrperson wird versucht für einzelne Lernende passende Inhalte bereitzustellen. Hierfür werden häufig Plattformen genutzt, die als Student Information Systems (SIS) bezeichnet werden. Diese Software soll sich adaptiv an die individuellen Bedürfnisse der Nutzenden anpassen. Dies ist bis heute das zentrale Versprechen vieler Bildungs-Apps.

Dritte Möglichkeit beim Einsatz von Bildungsmedien ist die Personalisierung durch die Lernenden selbst. Diese Form ist durch einen grossen Freiheitsgrad geprägt. Für den individuellen Mix an digitalen Tools, die dabei zum Einsatz kommen können, wurde der Begriff des Personal Learning Environments (PLE) geprägt. Zentrales Merkmal aller dieser Ansätze ist, dass die Administratorenrechte bei den Lernenden liegen, die viele Aspekte der Plattform ihren eigenen Bedürfnissen entsprechend anpassen können, bis hin zum optischen Design (Petko 2017).

Je nach Entscheid den individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen gerecht zu werden, ergibt sich eine grosse Bandbreite zwischen Freiheit und Betreuung.

Sozialformen in der Lernumgebung

Neben der Wahl der eigentlichen Sozialform in einer Lernumgebung (Einzel-, Paar- oder Gruppearbeiten, Plenum sowie Frontalunterricht) muss auch die Art der Steuerung bestimmt werden. Lehren im Sinne von fremdgesteuertem Vorzeigen, Erklären, Aufgaben und Fragen stellen bleibt weiterhin wichtig, doch zunehmend rückt das selbstgesteuerte Lernen, wie z.B. bei Gruppenarbeiten oder kooperativem Lernen in den Vordergrund.

Offene Lernsituationen sind geführten Sequenzen von sich aus weder über noch unterlegen. Die Qualität von Unterricht lässt sich nicht am Grad seiner Offenheit und Wahlfreiheit festmachen. Geführte Unterrichtssequenzen können sehr wohl offene und kognitiv anregende Aufgabenstellungen beinhalten. Bei offenen Lernsituationen können die Angebote wiederum sehr eingeengt sein, da in der digitalen Lernumgebung häufig Bearbeitungswege vorgegeben sind (Autorenkollektiv, 2013). Selbst für das Lernszenario Massive Open Online Course (MOOC) haben sich mittlerweile vielfältige Ausprägungen herausgebildet, um die bisher geringe Abschlussquote derer zu erhöhen, die einen MOOC komplett und erfolgreich absolvieren (Arnold et al. 2018).

Hierbei zeigt sich, dass Betreuung im Kontext der Lernumgebung weiterhin ein wichtiger Faktor bleibt, auch wenn eine Individualisierung dem Zeitgeist entsprechen und die Digitalisierung von Lernangeboten viel Freiheit möglich machen.

Quellen:

– Arnold, P., Kilian, L., Thillosen, A. & Zimmer, G. (2018). Handbuch E-Learning: Lehren und Lernen mit digitalen Medien. Bielefeld: W. Bertelsmann.
– Autorenkollektiv (2013). Amt für Volksschule Thurgau; Schulevaluation und Schulentwicklung. Frauenfeld: BLDZ Lehrmittelzentrale Thurgau.
– Bürg, O., Rösch, S. & Mandl, H. (2005). Die Bedeutung von Merkmalen des Individuums und Merkmalen der Lernumgebung für die Akzeptanz von E-Learning in Unternehmen. (Forschungsbericht Nr. 173). München: Ludwig-Maximilians Universität, Department Psychologie, Institut für Pädagogische Psychologie.
– Petko, Dominik; Schmid, Regina; Pauli, Christine; Stebler, Rita; Reusser, Kurt (2017). Personalisiertes Lernen mit digitalen Medien: neue Potenziale zur Gestaltung schülerorientierter Lehr- und Lernumgebungen. Journal für Schulentwicklung, (3):31-39.
– Reinmann, G. & Mandl, H. (2006). Unterrichten und Lernumgebungen gestalten. In A. 17 Krapp & B. Weidenmann (Hrsg.), Pädagogische Psychologie. Ein Lehrbuch (S. 613- 658). Weinheim: Beltz.
– Kaiser, A. (2007). Lernertypen – Lernumgebung – Lernerfolg: Erwachsene im Lernfeld. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag.
– Kerres, M. (2001). Multimediale und telemediale Lernumgebungen: Konzeption und Entwicklung. München: Oldenbourg.

©IG Fitness Schweiz – Auf Kopieren oder anderweitiges Vervielfältigen wird mit rechtlichen Schritten reagiert.

Autor

Name: Uli Niedermair

Beruf: Senior Learning & Development Consultant

Website: basefit.ch

Uli Niedermair
Basefit

Das erste basefit.ch Studio wurde im Jahr 2008 mit dem Ziel eröffnet, Fitness in der Schweiz für jedermann(frau) zu erschwinglichen Preisen, in geographischer Nähe und in guter Qualität zugänglich zu machen. Dieses Konzept ist bis zum heutigen Tag unverändert und beschränkt sich weiterhin auf das wirklich Wesentliche wie eine sehr gute Infrastruktur, freundliche & motivierte Mitarbeitende, hohe Hygienestandards, Krankenkassen-Anerkennung und gute Erreichbarkeit an zentraler Lage.