Neukundengewinnung nach der Pandemie

Während wir mit großen Erwartungen erneuten Anlauf für weitere Lockerungen in der Fitnessbranche nehmen, titelt die NZZ heute am 28.03.21 ganz nüchtern: „Zurück auf die Couch“. Die anfängliche Euphorie nach Bewegung ist vielerlei bereits abgeflacht. „Einige Monate später lautet das ernüchternde Fazit, dass Corona immer noch nicht besiegt ist – und der Sport Boom sogar von kürzerer Dauer war als die medizinische Krise“.

Unsere Branche ist ein Saisongeschäft, der Jahresbeginn ist essentiell für das Gesamtjahresergebnis – Ein Neukunde im Januar ist aus reiner Umsatzbetrachtung um das Zwölffache interessanter als ein Mitglied, dass sich erst im Dezember anmeldet. Im Vergleich zum letzten Jahr werden wir auf einen starken Januar und Februar verzichten müssen.

Der Sommer ist gemeinhin nicht für Neukundenanmeldungen bekannt. Mit zunehmender Impfbereitschaft und verimpften Dosen, werden die aktuellen Maßnahmen im Sommer kippen. Umfragen, welche Menschen nach Ihrem größten Verzicht in der aktuellen Pandemie befragen, listen Reisen ins In- und Ausland auf den obersten Rängen.

Ein fehlendes Neujahrsgeschäft und herausfordernder Sommer mit Lockerungen und Menschen, die Ihren Verzicht der letzten fast 1.5 Jahre nachkonsumieren möchten, bringt unsere Branche vor Ihre nächste Bewährungsprobe: Wie können wir neue Kunden gewinnen und alte Kunden zurückgewinnen?

Kundensegmentierung und Bedürfnisses vor dem Hintergrund der Pandemie

Das AIDA Model (awareness, interest, desire, action) ist uns allen geläufig, verliert aber an Relevanz, wenn potenzielle Kunden sich auf ihre eigene parallele Reise begegnen, um eine Kaufentscheidung zu treffen. Sie kommen bereits gut informiert ins Fitnesscenter und kennen die Preise der Konkurrenz sowie Reviews und Bewertungen Ihres Geschäftes und Ihrer Gegenspieler. Für die notwendige Recherche aller Informationen investieren Kunden in der Regel mehr Zeit, als das eigentliche Beratungsgeschäft im Center dauert. Vor diesem Hintergrund wird es immer essentieller, seine Kunden und deren Ökosystem zu kennen: Welche Bedürfnisse haben meine Kunden, wo und wann kann ich mit Ihnen interagieren und welchen Einfluss hat die Pandemie kurz- und langfristig. Die letzten 12 Monate haben gezeigt, dass Kundengruppen unterschiedlich mit der Pandemie umgehen. So zeigen sich junge Menschen im Alter zwischen 18-35 Jahren weniger risikoavers mit dem Umgang der Pandemie und waren schneller für Fitness zu begeistern, als jene Menschen im Alter ab 50 Jahren bzw. mit Zugehörigkeit einer Risikogruppe. In den vergangenen 12 Monaten zählten Fitness@home Anbieter zu den Gewinnern der Krise und konnten viele Neukunden gewinnen. Da die digitalen Anbieter über die notwendige Technologie verfügen, und ihnen die grosse Bedeutung von Kundendaten und deren Nutzungsverhalten ebenso klar ist, dürfte davon auszugehen sein, dass diese Anbieter mehr Kundenwissen im letzten Jahr angehäuft haben als so manches Fitnesscenter im vergangenen Jahrzehnt.

Der Wunsch nach flexibleren Angeboten

Gemäss der European Health & Fitness Market Studie von 2019, herausgegeben von Deloitte, führt der Schweizer Fitness Markt mit EUR 64.2 nach wie vor die Statistik der höchsten Mitgliedsbeiträge an. Fitness ist demnach in der Schweiz weiterhin ein Gut, dass man sich leisten können muss. Kundenumfragen zeigen, dass der Hauptgrund sich nicht in einem Fitnesscenter anzumelden, nach wie vor der hohe Preis ist. Die Hürde wird umso höher, wenn eine Mitgliedschaft komplett im Voraus zu zahlen ist. Kunden, die bei Ihrer Jahresmitgliedschaft komplett in Vorleistung gegangen sind, waren unter Cashflow Aspekten eine enorme Hilfe für Fitnesscenter. Wie wird sich diese Bereitschaft der Kunden aber zukünftig entwickeln, wenn bereits jetzt feststeht, dass viele Centerbetreiber die Kunden nach dem Lockdown nicht um die Schliesszeit kompensieren werden bzw. können?

Angeheizt von Spotify, Netflix und co. werden Vertragsmodelle im “hopp on, hopp off” Stil, immer populärer. Einige Fitnessanbieter haben bereits vor der Pandemie hierzulande ihr Angebot um Monatsverträge ausgebaut. In anderen europäischen Ländern wie UK, NL, FR, DK haben Anbieter mit «no contract» Mitgliedschaften den kompletten Markt, von Jahresmitgliedschaften hin, zu hopp on hopp off Modellen bereits in den vergangenen Jahren gedreht. Vor dem Hintergrund, dass Kunden über die Pandemie viele Öffnungen und Schliessungen unserer Center miterleben mussten, dürfte mit einer gewissen Skepsis auf Kundenseite zu rechnen sein, was die Bindung an Jahresabonnements angeht.

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Autor

Name: Thomas Küttner

Beruf: Managing Director basefit.ch AG

Website: basefit.ch

Thomas Küttner
Basefit

Das erste basefit.ch Studio wurde im Jahr 2008 mit dem Ziel eröffnet, Fitness in der Schweiz für jedermann(frau) zu erschwinglichen Preisen, in geographischer Nähe und in guter Qualität zugänglich zu machen. Dieses Konzept ist bis zum heutigen Tag unverändert und beschränkt sich weiterhin auf das wirklich Wesentliche wie eine sehr gute Infrastruktur, freundliche & motivierte Mitarbeitende, hohe Hygienestandards, Krankenkassen-Anerkennung und gute Erreichbarkeit an zentraler Lage.